Keine Angst vor Schwarzen Löchern
Die Forschung mit dem Teilchenbeschleuniger bietet Chancen und neue Perspektiven.
Antimaterie, Dunkle Materie, Schwarze Löcher – fast jeder hat davon gehört oder darüber gelesen. In der Regel verlieren sich die Informationen beim Laien allerdings im Grauzonenbereich von Halbwissen und Spekulation. Besonders seit im vergangenen September der Large Hadron Collider (LHC) am Forschungslabor Cern bei Genf in Betrieb genommen wurde, kursieren Gerüchte, dass dort künstlich erzeugte Schwarze Löcher anwachsen könnten, die Wissenschaftler unkalkulierbare Risiken in Kauf nehmen würden. Sind die geplanten Experimente tatsächlich gefährlich und unberechenbar? Professor Karl Mannheim, Inhaber des Lehrstuhls für Astronomie an der Universität Würzburg, hat sich in einem Gespräch mit Blick zur Thematik geäußert.
Herr Professor Mannheim, was weiß man inzwischen über die Schwarzen Löcher? Sie gehören in der Astrophysik zum Standardinventar des Universums. Viele Objekte, die wir beobachten, zeigen extreme Eigenschaften, die nur durch Schwarze Löcher erklärt werden können. Die starke Gravitation kollabierter Sterne und Galaxienzentren ist eine zwingende Folge von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie, die bislang jeder Überprüfung durch Präzisionsexperimente standgehalten hat. So sehen wir beispielsweise die vorhergesagte Gravitationsrotverschiebung in sehr kompakten Objekten.
Auf welchem Wege können Sie dies erkennen? Das sehen wir mit Hilfe von Röntgenteleskopen. Sie kreisen um die Erde und nehmen dort Bilder auf. Dies ist nur im Weltraum möglich, weil die Erdatmosphäre kosmische Röntgenstrahlung abschirmt. Beobachtungszeit mit Röntgenteleskopen wird im internationalen Wettbewerb um die besten Ideen mit anderen Astronomen eingeworben. Die gesammelten Daten erhält man dann auf Magnetbändern zum Auswerten. Diese sogenannte Satellitenastronomie wollen wir auch in Würzburg stärken, da der überwiegende Teil der elektromagnetischen Strahlung, wie auch Infrarot- und Gammastrahlung, nur vom Weltraum aus wahrgenommen werden kann.
Wie muss man sich ein Schwarzes Loch vorstellen? Das Schwarze Loch ist eigentlich nur eine Art Gartenzaun, hinter den wir nicht blicken können. In der Fachsprache nennen wir dies den „Ereignishorizont“ und den geheimen Garten die „Singularität“. Wir sehen aber, wie „heiße“, röntgenemittierende Materieklumpen dahinter verschwinden. Die Erklärung hierzu: In der Nähe des Schwarzen Loches heizt sich einstürzende Materie durch Reibung auf. Sie hat Drehimpuls, gerät auf Umlaufbahnen und zieht langsam nach Innen. Dabei nimmt die Wellenlänge der ausgesandten Strahlung aufgrund der anwachsenden Gravitation zu, bis das Signal schließlich verschwindet.
Was passiert mit der Materie? Das erfahren wir leider nicht. Ein mitreisender Physiker mit Messgeräten für Druck, Temperatur und anderes könnte es zwar erfahren, uns aber dann nicht mitteilen. Der Garten ist verschlossen. Wir wissen nur: Die Masse bleibt erhalten und die Natur der Materie wird dort irrelevant. Das Schwarze Loch ist für uns Beobachter nur noch Masse, gegebenenfalls elektrische Ladung und Drehimpuls. Andere Eigenschaften hat ein Schwarzes Loch nicht. Es spielt also keine Rolle, ob in dieses Schwarze Loch Dunkle Materie oder gewöhnliche Materie fließt. Trotzdem ist völlig klar, dass das „Innere“ des Schwarzen Loches für die Physik interessant ist: Physik ist Messen und Zählen, und ein hinein fliegender Beobachter könnte das Innere in endlicher Zeit erforschen.
In Zusammenhang mit den Experimenten am Cern wurden Gefahren diskutiert, die von dort erzeugten Schwarzen Löchern ausgehen könnten. Was ist realistisch an diesen Befürchtungen? Die Schwarzen Löcher, von denen wir gesprochen haben, sind alle sehr schwer. Sie wiegen einige Sonnenmassen oder sogar eine Billiarde Sonnenmassen. Alle Schwarzen Löcher, die Materie „verschlingen“, liegen oberhalb einer bestimmten Grundgröße. Sie entstehen vollkommen anders als die Objekte, die möglicherweise beim LHC erzeugt werden. Wenn der Brennstoff für die thermonukleare Fusion im Innern eines massereichen Sterns erschöpft ist, verringert sich der Druck und der Kern des Sterns wird durch seine eigene Schwerkraft zusammengequetscht. Dass beim Zusammenstoß von Elementarteilchen ebenfalls Effekte der Gravitation eine Rolle spielen könnten, weiß man schon lange. Man ging allerdings bislang davon aus, dass dazu sehr viel höhere Energien notwendig sind als die, welche der LHC erzeugen kann. Erst jüngste Entwicklungen auf dem Gebiet der Theoretischen Physik, die einen Zusammenhang zwischen einer elfdimensionalen mathematischen Struktur und der gewöhnlichen Raumzeit herstellen, geben Anlass zu der Vermutung, dass schon bei LHC-Energien eine „stärkere“ Schwerkraft ausgelöst werden könnte. Es gibt allerdings keinen zwingenden Grund dafür – nur die theoretische Freiheit für diese Möglichkeit.
Wurde schon einmal ein Schwarzes Loch produziert? Bei bisherigen Beschleunigern ist dies sicher nicht möglich gewesen, weil die Energie der Teilchenkollisionen zu gering war. Es gibt aber die kosmische Strahlung. Dabei handelt es sich um Teilchen, die fast mit Lichtgeschwindigkeit durch den Weltraum fliegen. Sie stehen in Zusammenhang mit Supernovae und aktiven Galaxienkernen und prasseln seit Milliarden von Jahren beständig auf die Planeten und Monde des Sonnensystems nieder. Dabei sind auch Teilchen mit Energien, die deutlich höher sind als die der Teilchen im LHC. Sie würden demnach ständig Schwarze Löcher in der Atmosphäre produzieren – und haben bisher offensichtlich keinen Schaden angerichtet.
Die Gefährlichkeit wäre dann vergleichbar? Mit einem Unterschied, dass die Teilchen der kosmischen Strahlung fast mit Lichtgeschwindigkeit ankommen und die Teilchen in der Atmosphäre (quasi) ruhen, das heißt die Schwarzen Löcher, die dann erzeugt werden, fliegen auch mit fast Lichtgeschwindigkeit weiter, durch die Erde hindurch und verschwinden irgendwo im Weltraum. Beim LHC stoßen die Teilchen mit gleicher, aber entgegen gerichteter Geschwindigkeit frontal aufeinander, so dass eventuell produzierte Schwarze Löcher ruhen würden. Sie tun dies aber auch dann nicht ganz exakt und fliegen meistens mit einer immer noch ziemlich hohen Geschwindigkeit weg. Wenn sie – die Wahrscheinlichkeit geht hier gegen Null – ruhen und nicht zerfallen, könnten sie mit ihrer Umgebung in Wechselwirkung treten, ein Elektron würde vielleicht hineinfallen, dann ein Proton. Sie würden unbemerkt anfangen zu wachsen, da man sie nicht sehen kann. Prinzipiell sind sie aber unglaublich klein, und sie werden eigentlich nie einem anderen Teilchen begegnen. Man kann sie gar nicht so einfach „füttern“. Auch gibt es die Theorie von Hawking und Beckenstein, nach der diese Schwarzen Löcher rasch zerstrahlen müssten. Man sieht zwar im Weltraum keine Hawking-Beckenstein Strahlung, aber dies liegt wohl eher daran, dass Schwarze Löcher von geringer Masse weder im Urknall noch durch kosmische Strahlung jemals erzeugt wurden. Es fehlt letztlich jeglicher Hinweis auf Schwarze Löcher, die durch das „Auffressen“ ganzer Planeten entstanden sind. Die müssten wegen der kosmischen Strahlung als Katalysator ziemlich zahlreich sein und ab und zu durch unser Planetensystem kreuzen. So etwas ist ganz sicher seit 4,55 Milliarden Jahren nicht geschehen. Insgesamt betrachtet, ist die Besorgnis daher wohl unbegründet.
Was halten Sie von der Theorie, Schwarze Löcher könnten Eingänge zu Wurmlöchern sein? Es ist durchaus zulässig, darüber Betrachtungen anzustellen. Wurmlöcher sind hierbei eine ernstzunehmende Möglichkeit. Dies hat viel zu tun mit der so genannten Topologie, also einer mathematischen Eigenschaft von Räumen, die darüber Auskunft gibt, ob ein Raum verknotet ist, Henkel oder Löcher hat. Die Topologie spielt sicher eine Rolle in der Theorie, die Quantenmechanik und Allgemeine Relativitätstheorie verbinden soll. Nur mit dieser Theorie könnten wir vielleicht verstehen, was beim Urknall geschehen ist oder was innerhalb von Schwarzen Löchern passiert. Bisher gibt es nur die Verknüpfung zwischen der Speziellen Relativitätstheorie und der Quantenmechanik. Daraus ergeben sich die Quantenfeldtheorien, das theoretische Standardwerkzeug für Physiker, um die Vorgänge am LHC zu verstehen.
Was bedeutet der Einsatz des Teilchenbeschleunigers für die Astronomie? Der Teilchenbeschleuniger spielt für die Astrophysiker eine wichtige Rolle, weil sie verschiedene Fragen mit ihren eigenen Methoden nicht beantworten können. Diese Fragen wurden zunächst durch astronomische Beobachtungen aufgeworfen, ihre Beantwortung erfordert die Einbeziehung der Erkenntnisse, die hoffentlich mit dem LHC gewonnen werden. Dabei geht es selbstverständlich um einen ganzen Fragenkomplex und nicht – wie dies manchmal vereinfachend dargestellt wird – darum, den Urknall im Kleinen nachzustellen.
Die Astronomen beobachten ein expandierendes Universum, an dessen Anfang ein sehr heißer, kompakter Feuerball existiert haben muss. Die Teilchen in diesem Feuerball, diesem Plasma, stießen aufgrund der damals höheren Dichte aufeinander. So entstanden andere Teilchen, die teilweise wieder zerfielen. Andere aber waren stabil. Es gibt sie seit etwa zehn Piko-Sekunden (10-11s) nach dem eigentlichen Urknall und sie existieren heute noch. Und zwar überall. Nach der einfachsten Theorie müssten Teilchen und Antiteilchen in gleicher Zahl vorhanden sein. Durch die Expansion des Universums blieben letztlich zwar nur ein paar wenige davon übrig, aber immer in ausgewogenem Verhältnis.
Inzwischen konnte aber ein Ungleichgewicht nachgewiesen werden. Was bedeutet das? Das ist natürlich eine grundlegende Frage. Wann ist aus dem symmetrischen Anfangszustand die heutige Asymmetrie entstanden? Warum ist es passiert? Die Differenz zwischen Materie und Antimaterie kann nur zustande kommen, wenn eine CP-Verletzung stattfindet, eine Symmetrieverletzung bei Teilchenwechselwirkungen. Aber: die bekannte CP-Symmetrie-Verletzung, die in den 60er-Jahren entdeckt worden ist, reicht für das beobachtete Missverhältnis nicht aus. Das heißt, es werden jetzt am LHC auch andere Ursachen hierfür gesucht, so dass wir Modelle erstellen können, die erklären, warum es so wenig Antimaterie im Universum gibt.
Ist dieser Prozess abgeschlossen? Der Prozess ist abgeschlossen, einfach deswegen, weil nur diese heiße Ursuppe die erforderliche Temperatur hatte, instabile, kurzlebige Teilchen in großen Mengen zu erzeugen. Nachdem inzwischen aber eine Abkühlung stattgefunden hat, können sie nicht mehr entstehen. Das ist nur einmal, nämlich vor 13,7 Milliarden Jahren, geschehen. Im LCH sollen die energiereichen Teilchen noch einmal erzeugt werden, die etwa 10-11 Sekunden nach dem Urknall existiert haben.
Welche Entdeckung im LHC wäre sensationell? Hinweise, die uns weiterhelfen würden, die Frage nach der Dunklen Materie zu beantworten. Wir wissen schon seit 70 Jahren, dass die Galaxie und Haufen von Galaxien so schnell herumfliegen, dass zusätzliche Masse nötig ist, um sie durch Schwerkraft zu binden, sonst würden sie auseinandertreiben. Diese zusätzliche Masse wurde aber bislang nicht eindeutig gefunden, obwohl man mit allen modernen Methoden danach gesucht hat. Es gibt allerdings starke Hinweise aus der Beobachtung kosmischer Gammastrahlung, dass es sich bei der Dunklen Materie um schwach wechselwirkende Teilchen handelt, die etwa so schwer sind wie ein Goldatom, und die man beim LHC vielleicht finden könnte. Spiegel und Bayerischer Rundfunk haben seinerzeit ausführlich über unsere Forschungsarbeiten am Lehrstuhl für Astronomie berichtet.
Materie/Antimaterie und Dunkle Materie: Sind das zwei verschiedene Felder? Die Eigenschaften der Materie und Antimaterie können im Rahmen des sogenannten Standardmodells der Teilchenphysik erklärt werden. Die Dunkle Materie kennen bislang nur die Astronomen. Sie können die Masse der Dunklen Materie im Universum bestimmen. Sie ist viel größer als die der gewöhnlichen Materie.
Dunkle Materie heißt nichts anderes als nicht sichtbare Materie? Ja, sie hat keine elektromagnetische Wechselwirkung, Licht geht daran vorbei, Elektronen, die überall im Weltraum herumschwirren, fliegen an ihr vorüber, und auch die Bindung von Atomen über elektrostatische Kräfte in Festkörpern betrifft Dunkle Materie nicht.
Wenn Sie die Möglichkeit hätten, den LHC für Ihre Forschungen in Anspruch zu nehmen, welche Aktionen würden Sie einleiten? In gewissem Sinne ist das, was dort gemacht wird, Zwangshandlung. Die Teilchen werden zur Kollision gebracht, und die schwierige Aufgabe besteht darin, aus den Milliarden entstehender Teilchen solche herauszufischen, die Hinweise auf seltene Ereignisse liefern. Die wirkliche Herausforderung ist, in der Analyse die sprichwörtliche Stecknadel im Heuhaufen zu finden. Wichtig dabei ist vor allem auch die weltweite Vernetzung unter den Wissenschaftlern. Das ist die Idee vom Cern. Die Physiker haben sich bei diesem Projekt beispielhaft international für ein gemeinsames ehrgeiziges Ziel organisiert.
Wie lange wird das LHC aktuell sein? Zunächst hoffe ich, dass es gelingt, diese außerordentlich komplexe Apparatur tatsächlich wie geplant zu betreiben. Anschließend müssen die enormen Datenmengen so strukturiert werden, dass man das wirklich Wichtige darin entdecken kann. Dann ist man allerdings schon fast am Ziel, denn die theoretischen Werkzeuge sind weitgehend entwickelt. Dabei handelt es sich um eine Art Filter, die man über die Daten legen kann, also eine Maske, die unwichtige Datenmengen ausblendet. Hierzu hat die Universität Würzburg sehr wichtig Beiträge geliefert. Dies alles wird einige Jahre in Anspruch nehmen. Zur Verbesserung der Statistik lässt man die Experimente dann wohl noch ein paar Jahre länger laufen. Insgesamt ist mit einem Zeitraum von zehn bis 15 Jahren zu rechnen.
Wie geht es danach weiter – falls dies alles klappt? Denkbar wäre eine Präzisionsmaschine, ein Linearbeschleuniger. Lassen sich durch die Experimente mit dem LHC unsere Vermutungen bestätigen, wird es spannende Dinge geben, die grundsätzlich neu sind. Eine Theorie der Teilchenphysiker besagt, dass bei Energien, die mit dem LHC erschlossen werden, neuartige Teilchen produziert werden müssten. Darunter wäre ein stabiles, elektrisch neutrales Teilchen. Es hätte alle Eigenschaften, um die Dunkle Materie zu erklären. Dieses Teilchen zu finden, ist mir besonders wichtig. Aus unserer Forschungsarbeit heraus wäre interessant zu wissen, ob es sich bei der Dunklen Materie, die wir in der Astronomie beobachten, tatsächlich um das leichteste und stabilste Teilchen der Supersymmetrie handelt.
Bei Vorgängerexperimenten am Cern wurde nach dem so genannten Quark-Gluon-Phasenübergang gesucht. Protonen stellen wir uns vor als eine Hülle, in der sich drei Quarks befinden sowie Gluonen, die dazwischen herumschwirren und alles zusammenhalten. Schießt man nun Protonen bei sehr hohen Temperaturen, etwa 1015 Kelvin, aufeinander, dann sollten sich diese äußeren Hüllen auflösen und Quarks und Gluonen ein gemeinsames Plasma bilden. Wichtig ist dieses Experiment, weil wir in unserer Zeittafel des Urknalls davon ausgehen, dass 10-11 Sekunden nach dem Urknall ein solches Plasma bestanden hat.
Sind durch die Experimente am Cern noch weitere Erkenntnisse zu erwarten? Hinweise auf Extradimensionen – das ist ein extrem spannendes Thema. Die Quantenfeldtheorie wird benutzt, um die am LHC beobachteten Prozesse mathematisch zu erfassen. Man nimmt an, dass die Teilchen Felder in einem flachen Hintergrundsraum, also in einem euklidischen, einem dreidimensionalen Raum, darstellen. Wir wissen aber aus der Astronomie, dass Räume im Allgemeinen gekrümmt sind und nur durch die Beschreibung von Quantenfeldern in gekrümmten Räumen eine umfassende Theorie möglich ist. Dazu braucht man aber mehr Dimensionen. Das inflationäre Aufblähen des Universums am Anfang des Urknalls erfordert Quantenfelder, die dem Higgs-Feld ähnlich sind, das beim LHC gesucht wird.
Wie kann man sich das vorstellen? Diese Extradimensionen sind in der mikroskopischen Welt vorhanden, in der makroskopischen Welt sieht man sie nicht. Sie stehen senkrecht dazu, sind für uns nicht detektierbar, weil wir ja aus Teilchen bestehen, die nicht mit Teilchen in den Extradimensionen wechselwirken. Anschaulicher wird diese Theorie, wenn man als Analogie an eine Ameisenbevölkerung denkt, die nur auf einem Blatt Papier, einem zweidimensionalen Gebilde, lebt. Sie sieht natürlich nicht, was außerhalb stattfindet. Die Schwerkraft würde bei den Experimenten mit dem LHC auch in der Extradimension wirken. Wir suchen nach Hinweisen, ob beim Urknall Extradimensionen eine Rolle gespielt haben. Interessant sind sie – gleichermaßen wie die supersymmetrischen Teilchen – für die Frage nach der Dunklen Materie.
Was will man mit dem CNGS-Experiment bewirken? Mit dem Beschleuniger am Cern können auch Neutrinos produziert werden. Neutrinos sind ähnlich wie die dunklen Materieteilchen elektrisch neutral, haben aber eine sehr geringe Masse. Das CNGS-Experiment am Cern sieht vor, den Teilchenstrahl zu stoppen, die dadurch erzeugten Neutrinos auszukoppeln und 750 Kilometer durch das Erdinnere nach Italien in das Gran-Sasso-Tunnel im Apennin zu schicken. Aufgrund ihrer sehr schwachen Wechselwirkung fliegen sie durch die Erdkruste hindurch und werden an ihrem Zielort mit einem Detektor aufgefangen. Man will beweisen, dass die Neutrinos sich unterwegs in eine andere Variante von Neutrinos verwandelt haben. Das Projekt ist für die Astronomie deswegen spannend, weil viele astronomische Quellen Neutrinos produzieren und wir durch das Experiment am Cern die Möglichkeit erhalten, ihre Eigenschaften zu studieren.
Insgesamt bietet der LHC also eine ganze Reihe von Chancen für die Astrophysik? Supersymmetrische Teilchen als Dunkle Materie, Extradimensionen, Quark-Gluon-Plasma, Materie- und Antimaterie-Asymmetrie, Neutrino-Eigenschaften, Schwarze Löcher, Higgs-Feld: das ist doch eine ganze Menge!