Mehr Dynamik im Physikunterricht
Mit einem neuen Konzept für den Physikunterricht an Gymnasien war ein Team der Universität Würzburg beim Polytechnik-Preis erfolgreich. Im Fach Physikdidaktik wurde sein Projekt ausgewählt; es erhält dafür 5000 Euro. Sein Ansatz: Schülern die klassische Newton‘sche Mechanik mit Erfahrungen aus dem Alltag näher zu bringen.
Weg von der traditionellen Sachstruktur des Unterrichts zur Newton‘schen Mechanik hin zu einer dynamischen Einführung in die Mechanik: Mit diesem Unterrichtskonzept hat es ein Team von Physik-Didaktikern beim Polytechnik-Preis bis aufs Podium geschafft. Sprecher der Projektgruppe ist Professor Thomas Wilhelm.
Wilhelm war bis vor Kurzem am Lehrstuhl für Physik und ihre Didaktik an der Universität Würzburg tätig; dort hat er auch das neue Unterrichtskonzept mitentwickelt. Seit dem 1. Oktober hat Wilhelm eine Professur an der Universität Augsburg inne. Mit im Team waren die Professoren Hartmut Wieser von der Ludwig-Maximilians-Universität München und Martin Hopf von der Universität Wien. Außerdem haben einige Studierende der Universität Würzburg an diesem Projekt und an den notwendigen Materialien mitgearbeitet.
Das neue Unterrichtskonzept
„Da sich immer wieder gezeigt hatte, dass der übliche Lehrweg Lernschwierigkeiten eher erzeugt und bestärkt, geht das neue Konzept den Weg über die Dynamik, also über die Wirkung von Kräften“, erklärt Wilhelm das neue Konzept. Kraft und Bewegung würden dabei konsequent in einer einheitlichen dynamischen Beschreibung gesehen. Aus Tempo und Bewegungsrichtung werde die vektorielle Größe „Geschwindigkeit“ definiert. Eine Einwirkung auf einen Körper, genannt „Kraft“, führe dabei stets zu einer Zusatzgeschwindigkeit. Verdeutlicht wird das am Beispiel des senkrechten Stoßes auf eine sich bewegende Kugel.
„Unser Ziel war es, durch besondere Alltagsnähe und unmittelbare Bezüge zu Anwendungsfällen den Physikunterricht zum Thema der Newton‘schen Mechanik zugänglicher zu machen“, beschreibt Thomas Wilhelm das neue Unterrichtskonzept. Mit Beispielen aus dem Sport, dem Verkehr und der Astronomie sollen die Schüler die Welt sozusagen in Newton’scher Gestalt sehen lernen – etwa anhand eines Passes beim Fußball.
Inzwischen hat das Konzept den Weg von der Uni in die Schule erfolgreich zurückgelegt: „14 Lehrer und Lehrerinnen aus dem Raum Würzburg haben es mit 19 Klassen erprobt“, sagt Wilhelm. Damit hätten sie „einen wichtigen Beitrag zu dem Preis“ geliefert. Nachdem inzwischen auch Fortbildungen für Lehrer stattgefunden haben, wird jetzt an etlichen Schulen im Raum Würzburg gemäß diesem Konzept unterrichtet.
Der Polytechnik-Preis
Der Polytechnik-Preis für die Didaktik der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik wurde in diesem Jahr erstmals vergeben. Ausgerufen hat ihn die Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main; Schirmherrin ist Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Es ist der höchstdotierte Preis, den es in der Didaktik aller Fächer im deutschsprachigen Raum gibt. Die Preisverleihung fand am 22. November in Frankfurt statt.
Insgesamt 60 Projekte hatten sich um den Preis beworben. Unter ihnen haben externe Gutachter zunächst für jedes Fach (Physik, Mathematik, Informatik, Biologie, Chemie) je einen Gewinner ausgewählt. Dabei hat das Würzburger Konzept den ersten Platz im Fach Physik belegt. Aus diesen Fünf wurde dann ein Gesamtsieger gekürt: Ilka Parchmann, Professorin am Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik in Kiel erhielt für ihr Projekt „Chemie im Kontext“ 50.000 Euro.
Auszeichnung für hervorragende Forschungsleistungen
Mit dem Preis zeichnet die Stiftung Wissenschaftler der Fachdidaktiken in Deutschland für herausragende Forschungsleistungen aus. „Der Polytechnik-Preis wird für die Entwicklung und Umsetzung innovativer Konzepte in der Vermittlung mathematischer, naturwissenschaftlicher und technischer Inhalte im schulischen Unterricht verliehen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Stiftung.
„Der Schulunterricht legt den Grundstein dafür, dass junge Menschen Neugierde und Forscherdrang entwickeln und später vielleicht sogar ein technisch-naturwissenschaftliches Studium aufnehmen. Der Funke springt besonders dann über, wenn Lehrerinnen und Lehrern innovative Konzepte zur Verfügung stehen“, so Bundesministerin Annette Schavan.
Die Stiftung Polytechnische Gesellschaft
Am Ursprung der Stiftung steht die Polytechnische Gesellschaft von 1816. Diese Bürgervereinigung wurde gegründet, um den Fortschritt in Bildung, Wissenschaft, Technik, Kultur und Gewerbe zu fördern. Kurz darauf gründeten die Polytechniker die „Frankfurter Sparkasse von 1822“. Im Jahre 2005 wurde die Sparkasse an die Hessische Landesbank veräußert. Mit einem Kapital von 397 Millionen Euro errichtete die Polytechnische Gesellschaft im November 2005 die Stiftung Polytechnische Gesellschaft. Sie ist seitdem in den Bereichen Bildung, Kunst und Soziales engagiert.
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Kontakt
Prof. Dr. Thomas Wilhelm, T: (0821) 598-3203,
E-Mail:
thomas.wilhelm@physik.uni-augsburg.de