Würzburger Astronomen erzielen technologischen Durchbruch
In einer Gemeinschaftsarbeit mit der ETH Zürich, dem EPF Lausanne, der Universität Genf und der Technischen Universität Dortmund ist es der Gruppe von Prof. Mannheim am Lehrstuhl für Astronomie weltweit erstmals gelungen, Halbleiterdetektoren bei einem Cherenkov Teleskop einzusetzen, mit dem die nur einige Nanosekunden dauernden Lichtblitze der Kosmischen Strahlung beobachtet werden können.
Innovative Kamera eröffnet neue Wege in der Hochenergieastronomie
Ein 99 Jahre altes Rätsel
Vor 99 Jahren entdeckte der österreichische Physiker Viktor Hess, dass unsere Erde fortwährend von hochenergetischen Teilchen aus den Tiefen des Alls getroffen wird. Fast einhundert Jahre nach dieser Entdeckung ist die Herkunft dieser Teilchen – auch kosmische Strahlung genannt - immer noch ein Rätsel. Es müssen ‚kosmische Beschleuniger’ existieren, die Teilchen zu sehr viel höheren Energien beschleunigen, als es selbst mit dem leistungsstarken LHC am CERN möglich ist. Eine vielversprechende Methode, Antworten auf dieses Rätsel zu geben, ist die Hochenergieastronomie. Mit sogenannten Cherenkov Teleskopen wird nach den extrem schwachen Lichtblitzen gefahndet, die von hochenergetischen Teilchen in der Atmosphäre erzeugt werden. Dazu benötigt man eine hochempfindliche Kamera, die mehrere 100 Millionen bis Milliarden Bilder pro Sekunde aufnehmen kann. In den letzten zehn Jahren gelang es mit Cherenkov Teleskopen mehr als 140 galaktische und extragalaktische Quellen zu identifizieren. Die Beobachtungen werden allerdings dadurch erschwert, dass alle bisherigen Kameras durch zuviel Umgebungslicht wie z.B. bei Vollmond zerstört werden können.
Ein innovatives Konzept
Seit wenigen Jahren existieren neuartige Halbleitersensoren - so genannte G-APDs - welche unter anderem in der Medizin in PET-Scannern erfolgreich getestet wurden. Ob G-APDs auch unter den extremen Bedingungen beim Einsatz in Cherenkov Teleskopen verwendet werden können, musste jedoch noch gezeigt werden.
Eine innovative Kamera basierend auf G-APDs und neuer Ausleselektronik zu bauen war ein ehrgeiziges Projekt, an dem sich 45 Physiker, Ingenieure und Techniker der Universitäten Dortmund, Genf und Würzburg sowie der EPF Lausanne unter Leitung der ETH Zürich beteiligten. In Zusammenarbeit mit der Universität Zürich wurden spezielle Lichtleiter entwickelt welche für die Verwendung von G-APDs notwendig sind. Diese neuartige Kamera wurde an der ETH Zürich konstruiert. Nach erfolgreichen Tests wurde die Kamera auf der kanarischen Insel La Palma auf einer Höhe von 2200 m in ein bereits existierendes Teleskop eingebaut, welches von den Universitäten Dortmund und Würzburg sowie der EPF Lausanne mit verbesserten Spiegeln und einer neuen Steuerung ausgestattet wurde. Wichtige Teile der Software für das so genannten First G-APD Cherenkov Teleskop (FACT) Projekt wurden von der EPF Lausanne und Universität Genf entwickelt.
‚First light - Ersten Lichtblitze’
In der Nacht vom 11. zum 12. Oktober, nur wenige Stunden nach Montage der Kamera konnten die ersten Lichtblitze gemessen werden. Dies ist besonders bemerkenswert, da in dieser Nacht Vollmond war. Das Umgebungslicht war deshalb mehr als 100-mal stärker als bisher üblich für Beobachtungen mit Cherenkov Teleskopen. Die Möglichkeit, auch bei Vollmond zu beobachten, ist vor allem für jene kosmischen Beschleuniger interessant, welche ihre Helligkeit sehr stark und sehr schnell ändern, wie zum Beispiel die aktiven Zentren grosser Galaxien. Eine möglichst lückenlose Beobachtung dieser Helligkeitsänderungen kann wesentlich zu deren Verständnis beitragen.
In den kommenden Monaten wird der Betrieb des Teleskops inklusive der Kamera optimiert. Danach beginnen die wissenschaftlichen Beobachtungen mit FACT.