Würzburger Forschungsverbundprojekt will neue Testsysteme für immunonkologische Therapien entwickeln
Innovative immunonkologische Therapien vor dem Einsatz im Mensch noch effizienter in neuen Zellmodellen testen – das ist das Ziel eines Forschungsverbundprojekts. Bei Erfolg könnten durch die Arbeit von Experten des Uniklinikums Würzburg, der Uni Würzburg sowie des Fraunhofer-Instituts für Silicatforschung zudem Tierversuche reduziert werden.
Das Forschungsprojekt ImmuTherM will neue Wege erarbeiten, wie sich die Wirksamkeit von Immuntherapien gegen das Maligne Melanom bestimmen lässt. Hinter dem Vorhaben stehen drei Würzburger Forscher und ihre jeweiligen Teams: Prof. Dr. Bastian Schilling von der Universitäts-Hautklinik, Privatdozent Dr. Niklas Beyersdorf vom Lehrstuhl für Immunologie der Julius-Maximilians-Universität (JMU) sowie Dr. Florian Groeber-Becker vom Fraunhofer-Translationszentrum Regenerative Therapien am Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Verbundprojekt im Rahmen des Förderprogramms „Alternativen zum Tierexperiment“ in den kommenden drei Jahren mit insgesamt rund 830.000 Euro.
Immun-Checkpoint-Blocker in der Krebstherapie aussichtsreich
Das maligne Melanom – auch bekannt als „Schwarzer Hautkrebs“ – ist eine der gefährlichsten Krebsarten und führt in Deutschland zu etwa 3.000 Todesfällen pro Jahr. Ein neuer Ansatz zur Behandlung des Melanoms ist die Immuntherapie mit sogenannten Immun-Checkpoint-Blockern (ICB). Immun-Checkpoints sind Rezeptoren auf der Membran von T-Zellen. Sie regulieren die Immunantwort dieser körpereigenen Abwehrzellen, wodurch beispielsweise Autoimmunreaktionen verhindert werden. „Leider sind Tumorzellen in der Lage, diese Checkpoints zu täuschen und dadurch dem Immunsystem zu entkommen“, schildert Bastian Schilling. Der Professor für Dermatologische Onkologie an der Hautklinik des Uniklinikums Würzburg (UKW) fährt fort: „Hier setzen die ICB an, indem sie die Checkpoints blockieren und so die Immunantwort der T-Zellen gegen den Tumor ermöglichen oder verstärken.“
Für die Entdeckung und Nutzbarmachung dieser biologischen Vorgänge für die Krebstherapie ging im Jahr 2018 der Nobelpreis für Medizin an den US-amerikanischen Immunologen James Allison und den japanischen Immunologen Tasuku Honjo. „Das unterstreicht die Bedeutung der Krebsimmuntherapien mit ICB. Umso wichtiger ist es, für den Test der jeweiligen Wirksamkeit dieser Therapien tragfähige Lösungen zu finden“, sagt Prof. Schilling.
Bisherige Testverfahren für die Translation wenig aussagefähig
Bisher konnte der Effekt von ICB in herkömmlichen Zellkultursystemen jedoch noch nicht belegt werden. Das heißt: Gerade für neuartige Immuntherapeutika besteht aktuell eine experimentelle Lücke zwischen der erfolgreichen Etablierung neuer Therapieprinzipien im Tierversuch und der klinischen Erprobung an Probanden oder Patienten, wie Dr. Beyersdorf, Arbeitsgruppenleiter am Institut für Virologie und Immunbiologie der JMU, berichtet.
Ziel: Neue, individuelle Testmodelle aufbauen
Deshalb soll im Forschungsprojekt ImmuTherM ein bereits vom Fraunhofer-Translationszentrum und vom UKW entwickeltes Modellsystem des malignen Melanoms um weitere Tumorzelllinien sowie um humane T-Zellen erweitert werden. „So können im Idealfall individuelle Testmodelle aufgebaut werden, bei denen T-Zellen und Melanomzellen vom selben Patienten stammen“, sagt Dr. Groeber-Becker. Der Leiter des Bereichs In-vitro-Testsysteme am Fraunhofer ISC ergänzt: „Diese neuen individuellen Testmodelle werden anhand von bekannten und bereits als Medikament eingesetzten ICB validiert. Wenn dieser Eignungstest bestanden ist, wird im nächsten Schritt eine neue Immuntherapie, basierend auf einem immobilisierten monoklonalen anti-CD28 Antikörper getestet. So lässt sich überprüfen, ob das Modell geeignet ist, die Wirkung eines noch unbekannten Therapeutikums zu überprüfen.“
Weiterer möglicher Effekt: Tierversuche reduzieren?
Zusammengenommen soll ImmuTherM eine neue Plattform etablieren, um Immuntherapien präklinisch möglichst nahe an der individuellen Patientensituation testen zu können. Sollte eine hohe Vorhersagekraft des Modells belegt werden, so könnte dadurch die Anzahl der benötigten Tierversuche in der frühen präklinischen Phase einer Wirkstoffentwicklung reduziert werden.
Das Vorhaben startet im April dieses Jahres.