Trotz Beeinträchtigung gut durchs Studium
01/21/2025Im Jahr 2024 hielt die Kontakt- und Informationsstelle für Studierende mit Behinderung und chronischer Erkrankung 635 Beratungsgespräche ab – um die 300 davon wegen psychischer Erkrankungen.
Es ist oft auf den ersten Blick nicht erkennbar: Ein Student kommt mit dem Stresslevel in der Prüfungszeit nicht mehr klar und entwickelt eine Angststörung; das Gehör eines Kommilitonen ist stark beeinträchtigt und er muss sich stärker konzentrieren, um das Gesagte verarbeiten zu können; eine Studentin kämpft mit ADHS, aber der Dozent nimmt es nicht wahr, weil sie sich nicht wie der typische „Zappel-Philipp“ aufführt.
Hilfe finden Betroffene bei der Kontakt- und Informationsstelle für Studierende mit Behinderung und chronischer Erkrankung (KIS) der Universität Würzburg (JMU). Das Team berät und unterstützt Studierende mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen vom ersten Semester bis zur Abschlussprüfung. Zu diesen Beeinträchtigungen zählen unter anderem psychische Erkrankungen, Seh-, Bewegungs- und Hörbeeinträchtigung, Autismus-Spektrum-Störung oder auch ADHS.
„Im Jahr 2024 haben wir insgesamt 635 Beratungsgespräche abgehalten. Um die 300 Studierende kamen wegen psychischen Erkrankungen – oder zumindest den Anzeichen davon – zu uns. Die Zahl mag hoch erscheinen, aber ich beobachte, dass immer mehr junge Menschen solche Anzeichen mittlerweile früher erkennen und sich rechtzeitig Hilfe suchen“, so Sandra Mölter, Leiterin des KIS.
Hilfe durch die KIS
Die Stelle bietet mehr als nur Beratung an: Das Team stellt Studienbegleitungen zur Verfügung – also Studierende der Psychologie, Pädagogik oder der Sonderpädagogik mit ersten pädagogischen Erfahrungen. Diese unterstützen bei der Studienorganisation oder fertigen Mitschriften in den Vorlesungen und Seminaren an. Die KIS organisiert auch Schulungen für Mitarbeitende der JMU, um diese für die Thematiken zu sensibilisieren. Sie unterstützt auch mit Hilfe von Broschüren, mit denen sich Betroffene über ihre Beeinträchtigung weitergehend informieren und weitere Anlaufstellen finden können.
„Meinen ersten Kontakt mit der KIS und Frau Mölter hatte ich auf einer Studi-Messe. Ich war begeistert, dass es eine solche Kontaktstelle gibt und dass das Thema ADHS an der Uni ernst genommen wird“, so eine JMU-Studentin, die anonym bleiben möchte. Dank der Unterstützung der KIS habe sie erfolgreich einen Nachteilsausgleich beantragt. Jetzt bekommt sie in Klausuren 30 Prozent mehr Zeit sowie einen gesonderten Raum, der viele störende Reize während der Prüfung ausblendet.
Die Auswirkungen des ADHS spürt die Studentin täglich: „Durch meine Beeinträchtigung kosten viele kleine Tätigkeiten in meinem Alltag viel Energie – dazu zählt schon meine Zeiteinplanung für Aufgaben. Dadurch ist mein Stresslevel sehr hoch, was sich in einer depressiven Phase und starken Erschöpfungserscheinungen bei mir niederschlägt“, so die Studentin. Hilfe erhalte sie durch Medikamente und Therapie; die KIS habe ihr zusätzlich eine Studienbegleitung zur Seite gestellt. „Mit dieser Unterstützung fühlt sich mein Alltag endlich zu bewältigen an und ich kann mich mehr auf das Studium selbst konzentrieren.“
Zahl der Studierenden mit Beeinträchtigung steigt
Eine Studie des Deutschen Studierendenwerks mit rund 180.000 befragten Studierenden für das Jahr 2021 zeigt, dass 16 Prozent der Teilnehmenden eine studienerschwerende Beeinträchtigung haben. Das sind fünf Prozentpunkte mehr im Vergleich zur Datenerhebung aus dem Jahr 2016. Dabei geben 65 Prozent von ihnen an, sie leiden an einer psychischen Erkrankung – 12 Prozentpunkte mehr als 2016.
Mehr Zahlen aus der Studie gibt es auf der Webseite des Deutschen Studierendenwerks.
Zur KIS
Die KIS wurde 2008 gegründet. Sie verfolgt die Aufgabe, die von der Hochschulrektoren-Konferenz ausgesprochene Empfehlung „Eine Hochschule für Alle“ an der Uni Würzburg umzusetzen. Demnach arbeitet Sandra Mölter mit ihrem Team für Chancengleichheit im Studium für Studierende mit einer Behinderung oder einer chronischen Erkrankung.
Mehr Informationen gibt es auf der Webseite der KIS.
Kontakt
Sandra Mölter, Kontakt- und Informationsstelle für Studierende mit Behinderung und chronischer Erkrankung, Tel. +49 931 31-84052, kis@uni-wuerzburg.de