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Institut für Pharmakologie und Toxikologie

Institut

Über uns

Der Lehrstuhl für Pharmakologie und Toxikologie wurde im Jahr 1956 gegründet. 1974 bezog das Institut seinen heutigen Standort in der Versbacher Straße 9.

 

Geschichte der Pharmakologie und Toxikologie in Würzburg

Anfänge:

Die experimentelle Pharmakologie als eigenständiges Fach ist eine der jüngeren Fachrichtungen der Medizin, die es sich zur Aufgabe machte, dem Arzt „die auf die Arzneimittel bezüglichen Kenntnisse darzubieten, durch welche die Richtigkeit unseres Urteils über ihre Brauchbarkeit am Krankenbett gefördert werden kann.“ (Rudolf Buchheim, 1857)

Die Gründung des Faches Pharmakologie an der Universität Würzburg im Jahr 1872 (Lehrstuhl 1874) fällt in eine Zeit, in der die ersten synthetischen Arzneimittel zur Bekämpfung von Fieber, Schmerz und Entzündung auf den Markt gekommen sind und in der das Zeitalter der Krankheitsbekämpfung durch rationale Pharmakotherapie eingeläutet wird.

1872-1882: Michael Josef Roßbach

Michael Josef Roßbach richtete 1872 in seiner Dienstwohnung ein Privatlaboratorium ein, das 1874 mit dem neubegründeten Lehrstuhl übernommen und später in Räumlichkeiten im damaligen Botanischen Institut in der Klinikstraße 1 übersiedelte.

Die wissenschaftlichen Forschungen konzentrierten sich zu dieser Zeit hauptsächlich auf die Aufklärung physiologischer Funktionsabläufe unter der Verwendung bekannter Gifte aus Pflanzen, Tieren und dem Mineralstoffreich, wie zum Beispiel Atropin und dessen Antagonismus zu Physostigmin.

1883-1905: Adam Joseph Kunkel

Mit Adam Joseph Kunkel übernahm ein Forscher die Leitung, der eine fundierte chemische und physikalische Ausbildung hatte. Er dehnte die wissenschaftlichen Aktivitäten des Instituts auf synthetische Verbindungen aus und untersuchte die Wirkungen von synthetischen Giften wie Anilin und Nitrobenzol sowie die unerwünschten Arzneimittelwirkungen wichtiger Arzneimittel.

1884 zog das Institut in großzügigere Räumlichkeiten in der Koellikerstraße 2 um.

1906-1907: Walther Straub

Walther Straub war für den kurzen Zeitraum von 1906-1907 Leiter der Würzburger Pharmakologie.

1907-1920: Edwin Stanton Faust

Sein Nachfolger Edwin Stanton Faust war ausgebildeter Chemiker und Mediziner und widmete seine Forschungstätigkeit einem Gebiet, über das bis dahin wenig bekannt war, den tierischen Giften. Er isolierte eiweißfreie Wirkstoffe aus einer Reihe von Schlangengiften und widerlegte die gängige Meinung, die die toxische Wirkung hauptsächlich auf Proteinbestandteile zurückführte.

Schon vor Beginn des Ersten Weltkrieges kam es über einen geplanten Institutsneubau mit der Administration zu Unstimmigkeiten. Doch als Deutsch-Amerikaner sah er sich während der Kriegsjahre permanenten Verdächtigungen gegenüber. Seine Äußerungen über die niedrigen Erfolgsaussichten der deutschen Kriegsanstrengungen gegen eine wachsende Zahl von Feinden, brachten ihn in Konflikt mit der offiziellen Meinung.

1920 schied Edwin Stanton Faust aus dem Amt des Hochschullehrers aus.

1920-1945: Ferdinand Flury

In der Zeit nach dem ersten Weltkrieg musste die Lehrtätigkeit an die steigende Zahl von aus dem Kriegsdienst zurückkommenden Studenten angepasst werden und das nahezu verwaiste Institut wiederbelebt werden.

Mit Ferdinand Flury wurde ein weitgereister und weltgewandter Forscher berufen. Neben seiner wissenschaftlichen Karriere, die auf einem Studium der Pharmazie, Nahrungsmittelchemie und der Medizin fußte, verfolgte er als Stabsapotheker des Garnisonslazaretts in Würzburg und Vorstand des Sanitätsdepots eines Armeekorpses auch eine militärische Karriere.

Während des Ersten Weltkrieges war Flury Abteilungsleiter einer Gruppe von Wissenschaftlern am Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin, die systematisch die Wirkung von Kampfgasen untersuchte. Die Forschungsarbeiten hatten wesentlichen Anteil an der Entwicklung chemischer Waffen und entsprechender Schutzmaßnahmen. Dort übernahm er schließlich die Leitung der Abteilung „Toxikologie der Kampfstoffe, Tierversuche und Gewerbehygiene“.

1920 wurde Ferdinand Flury an die Würzburger Pharmakologie berufen. Unter seiner Leitung entwickelte sich das Institut zu einem Ort reger wissenschaftlicher Aktivität, aus dem viele namhafte Wissenschaftler hervorgingen.

Unter dem Eindruck seiner Studien zu chemischen Kampfgasen widmete er sich der Gewerbetoxikologie, einem Zweig, der durch die fortschreitende Industrialisierung weiter an Bedeutung gewann. In Zusammenarbeit mit dem Hygieniker Karl Bernhard Lehmann wurde das Prinzip der Wirkungsschwelle bei langfristiger Einwirkung und die Ableitung zulässiger Grenzwerte entwickelt. Bis 1938 wurden bereits für über 100 gesundheitsschädliche Arbeitsstoffe Grenzwerte erarbeitet.

Ferdinand Flury war ein angesehener Wissenschaftler, der engagiert das Ansehen der Medizinischen Fakultät in Würzburg förderte. 1932, zur 350-Jahr-Feier der zweiten Universitätsgründung, wurde er mit großer Mehrheit zum Rektor gewählt.

Auch während der Weimarer Republik und der NS-Zeit wurde die Kampfgas-Forschung fortgesetzt.

1945 wurde Flury entlassen und in einem alliierten Internierungslager inhaftiert.

Kriegs- und Nachkriegsjahre:

Erst durch die drohenden Luftangriffe in den letzten Kriegsmonaten wurden wichtige Forschungsgeräte und die wertvolle Bibliothek ausgelagert. Bis dahin konnte ein weitgehend normaler Lehr- und Forschungsbetrieb aufrechterhalten werden.

Das Institutsgebäude wurde durch die Bombardierung in der Nacht des 16. März 1945 größtenteils zerstört. Einige Laboratorien konnten jedoch gerettet und notdürftig weitergenutzt werden. Der Unterricht wurde bereits zum Sommersemester 1946 unter der kommissarischen Leitung von Fritz Jung wiederaufgenommen.

1949-1965: Wilhelm Neumann

Obwohl der Wiederaufbau des Instituts nur langsam voranging, kam es unter der Leitung von Wilhelm Neumann rasch wieder zu wissenschaftlicher Forschung mit dem Schwerpunkt auf tierischen Giften sowie Gegengiften und toxikologischen Wirkmechanismen von Organophosphorverbindungen.

1953 wurde das wiederaufgebaute Institut bezogen.

Neumann sah in der Weiterentwicklung der Toxikologie eine Notwendigkeit und erreichte 1960 die Erweiterung des Institutsnamens auf „Pharmakologie und Toxikologie“ sowie die Schaffung eines neuen Lehrstuhls.

1965-1994: Dietrich Henschler

Der neugeschaffene Lehrstuhl wurde mit Dietrich Henschler besetzt.

Henschler befasste sich intensiv mit Vergiftungen, den Mechanismen der Kanzerogenese und der Aufstellung von Struktur-Wirkungsbeziehungen anhand von Modellstoffen. Seine Arbeit suchte einen pragmatischen Zugang zu Fragestellungen der Arbeitsplatzsicherheit und der Grenzwertsetzung in der Umwelt. Er war Mitglied und Vorsitzender der Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der DFG, die die maximale Arbeitsplatzkonzentration von Chemikalien festlegt und konnte so toxikologische Erkenntnisse zu Arbeits- und Produktsicherheit in Grenzwerte umsetzen.

1968-1991: Ullrich Trendelenburg

Hauptaugenmerk der Forschung von Ullrich Trendelenburg war die Pharmakologie des autonomen Nervensystems und der Katecholamine. Sein besonderes Interesse galt den Neurotransmittern Adrenalin und Noradrenalin sowie den metabolisierenden Enzymen und Transportern, die die Neurotransmitter aus dem Extrazellulärraum entfernen.

Daneben war Trendelenburg Präsident der Deutschen Pharmakologischen Gesellschaft und Herausgeber des Naunyn-Schmiedeberg’s Archives of Pharmacology, des Organs der Deutschen Pharmakologischen Gesellschaft.

Institutsneubau Versbacher Straße (1970-1974)

Die Schaffung der Parallellehrstühle zu Pharmakologie und Toxikologie erforderten eine räumliche Vergrößerung und veranlasste einen Institutsneubau in der Versbacher Straße, ihrem heutigen Standort. 1974 konnten die ersten Laboratorien bezogen werden.

Das neue Institut umfasst einen zweigliedrigen Bau mit Laboratorien für Forschung sowie Hörsaal und Kurssaal für die Lehre.

1993-2016: Martin Lohse

Das zentrale Forschungsinteresse von Martin Lohse sind G-Protein gekoppelte Rezeptoren und Neurotransmitter. Zur Analyse der Signaltransduktion der Rezeptoren wurden in seiner Arbeitsgruppe neue fluoreszierende Sensoren entwickelt, die die räumliche und zeitliche Auflösung von Rezeptorsignalen und nachgeschalteten Prozessen erlauben.

Martin Lohse war Gründungssprecher des neugegründeten Rudolf-Virchow-Zentrums an der Universität Würzburg und gehört zu den Initiatoren des neuen Studienganges Biomedizin. Er war Gründungsdirektor der Graduiertenschulen (2003-2016) und Vizepräsident für Forschung der Universität Würzburg (2009-2015).

1994-2009: Werner K. Lutz

Der Inhaber des Lehrstuhls für Toxikologie befasste sich mit Dosis-Wirkungsbeziehungen von toxischen und kanzerogenen Substanzen, die eine Basis für das Verständnis etwaiger Schwellenwerte für toxische Effekte darstellen. Ein weiteres Gebiet seiner Forschung waren interindividuelle Unterschiede in der Empfindlichkeit gegenüber toxischen Substanzen.

Seit 2019: Kristina Lorenz

Kristina Lorenz wurde 2019 zur Institutsleiterin der Würzburger Pharmakologie und Toxikologie berufen. Ihr Forschungsschwerpunkt sind die Aufklärung von Signalwegen im gesunden Herzen und wie sie unter pathologischen Bedingungen, wie z. B. bei Herzinsuffizienz und pathologischer Hypertrophie verändert sind.

Neben der Institutsleitung in Würzburg hat Prof. Lorenz auch die Position einer Direktorin am Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften –ISAS- e.V. in Dortmund inne.

 

Dietrich Henschler: Zur Entwicklung von Pharmakologie und Toxikologie. In: Peter Baumgart (Hrsg.): Vierhundert Jahre Universität Würzburg. Eine Festschrift. Verlag Degener, Neustadt an der Aisch 1982, S. 1031–1046
https://www.uni-wuerzburg.de/intern/w991117b.html#U8
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https://www.uni-wuerzburg.de/fileadmin/03250200/news/Nachruf-Henschler.pdf
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https://www.uni-wuerzburg.de/aktuelles/einblick/archiv/
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https://www.leopoldina.org/fileadmin/redaktion/Mitglieder/CV_Lohse_Martin_D.pdf
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