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TP2 WP3: Entwicklung neuer theranostischer Antikörper für Patienten mit Multiplem Myelom

AG Andreas Beilhack / Andreas Brandl
Industriepartner: Davids Biotechnology


Hintergrund und Stand der Forschung
Das Multiple Myelom (MM) ist die zweithäufigste hämatologische Krebsform in Europa und den USA mit einem altersabhängigen Vorkommen von sechs Betroffene pro 100.000 pro Jahr. Dabei besteht eine Sterblichkeitsrate von drei bis vier pro 100.000 pro Jahr (Kuehl and Bergsagel, 2012). Charakterisiert wird das MM durch die klonale Expansion von malignen Plasmazellen im Knochenmark, die zu multiplen Knochenläsionen, Anämie, Nierenversagen, Hyperkalzämie und einer Immundefizienz führt. In den letzten Jahren ist es durch die Einführung und Anwendung neuer Medikamente wie z.B. Thalidomid, Lenalidomid und Bortezomib gelungen, die durchschnittliche Überlebensdauer nach Diagnose von 3 auf 6 Jahre zu erhöhen (Kumar et al., 2008). Dennoch bleibt das MM bis heute eine mit Standardtherapien wie Chemotherapie, immunomodulatorischen Agenzien und autologer Stammzelltransplantation, unheilbare Krankheit. Aufgrund dieser schlechten Prognosen nach Diagnose des MM ist es wichtig neue therapeutische Wirkstoffe zu entwickeln, die nicht nur den Tumorklon selbst zum Ziel haben, sondern auch dessen umgebendes Mikromilieu in der Knochenmarksnische. Dazu ist es notwendig die Interaktionen zwischen den bösartig veränderten Plasmazellklonen und den sie umgebenden Zellen in der Knochenmarksnische besser zu verstehen und Patienten mit einem Hochrisikoprofil besser und rechtzeitig identifizieren zu können. Für die Interaktion maligner Zellen in ihrer Tumorumgebung sind Adhäsionsmoleküle bedeutsam. Auch in der MM-Knochenmarknische spielen Zelladhäsionsmoleküle eine bedeutsame Rolle, denn deren Über- bzw. Dysregulation beeinflusst die MM-Pathogenese, -Progression und –Resistenz gegenüber Therapie (Leech et al., 2015).
In Vorarbeiten haben wir untersucht, wie das MM von Zellinteraktionen mit der Knochenmark-Mikroumgebung abhängt. Unterstützt durch einen funktionellen Screening-Ansatz unserer Kollegen Prof. Franz Jakob und PD Dr. Regina Ebert, Mitglieder dieser Forschungsinitiative, stieß unser interdisziplinäres Team auf ein faszinierendes Zelladhäsionsmolekül namens JAM-A (junktionales Adhäsionsmolekül A). Bei gesunden Individuen hat JAM-A wichtige Funktionen bei der Lymphozytenentwicklung (Weber et al., 2007). Eine abweichende Expression wurde jedoch bereits mit verschiedenen Krebsarten in Verbindung gebracht. In einer retrospektiven klinischen Studie fanden wir heraus, dass die Expression von JAM-A mit dem Krankheitsausgang bei multiplen Myelompatienten korreliert: Multiple Myelompatienten mit hohen JAM-A-Expressionsspiegeln (im Serum und auf Krebszellen) hatten ein signifikant schlechteres progressionsfreies Überleben als Patienten mit niedriger JAM-A-Expression (Solimando et al., 2018). Von diesen klaren Ergebnissen beeindruckt, untersuchten wir, ob die Inhibition von JAM-A (z.B. über RNAi) die Krankheitsbiologie in vitro und in vivo beeinflussen würde. Tatsächlich führte die Hemmung von JAM-A auf menschlichen multiplen Myelomzellen zu einer Beeinträchtigung der Myelomzellmigration, -koloniebildung, -chemotaxis, -proliferation und –viabilität (Solimando et al., 2018).
Diese Ergebnisse deuten auf eine mögliche Achillesferse der MM-Erkrankung hin. Die Progression des multiplen Myeloms scheint stark von Wechselwirkungen mit dem Knochenmarksmikromilieu abzuhängen. Es liegt daher nahe, die Wechselwirkung zwischen MM und der Knochenmarknischenumgebung über das Adhäsionsmolekül JAM-A zu blockieren. Zugleich erscheint es vielversprechend, über Bildgebungsverfahren innerhalb der Patienten aggressive MM-Herde darzustellen bzw. Patienten mit einer aggressiveren MM-Erkrankung zu identifizieren. Dies kann 1.) zu einer Verbesserung der Stratifizierung von MM-Patienten führen, 2.) frühzeitig aufzeigen, welche Patienten auf welches Therapieschema besonders gut (oder auch besonders schlecht) ansprechen 3.) eine evidenzbasierte Grundlage für die optimale Kombination mit anderen therapeutischen Strategien liefern und 4.) über JAM-adressierende Antikörperformate eine verbesserte Diagnostik mit einer zielgerichteten Therapie zu kombinieren (theranostische Strategie über Radionuklid-gekoppelte anti-JAM-Antikörper bzw. rekombinante Antikörperkonstrukte).
Das Ziel dieses Projekts ist es, in enger Zusammenarbeit mit Industriepartnern und akademischen Kollegen in diesem Konsortium ein theranostisches Antikörperformat für eine verbesserte Diagnostik und Patientenstratifizierung zu entwickeln, welches zukünftig in Krebspatienten auch therapeutisch eingesetzt werden kann.

Erwartete Ergebnisse
Unsere Vorarbeiten zeigen, dass Patienten mit erhöhter JAM-A-Expression ein schlechteres Überleben zeigen. Wir wollen JAM-A-adressierende Antikörperformate entwickeln und diese vorerst in klinisch relevanten Mausmodellen für das Multiple Myelom, eine Krebserkrankung des Knochenmarks, testen. Das Projektziel ist die präklinische Entwicklung von theranostisch einsetzbaren anti-JAM-A-Antikörpern zur Verbesserung der Diagnostik und individualisierten Therapie von Myelom-Patienten.