TP1 WP1: Tumorspezifische Steroid-Metabolome bei Nebennierentumoren
AG Martin Fassnacht / Matthias Kroiss / Max Kurlbaum
Industriepartner: Chromsystems Instruments & Chemicals
Hintergrund und Stand der Forschung
Nebennierentumoren gehören zu den häufigsten Tumoren beim Menschen. Die Unterscheidung zwischen gutartigen Nebennieren-Adenomen (adrenocortical adenoma, ACA), die altersabhängig eine steigende Inzidenz aufweisen und eine Prävalenz von etwa 3% bei Erwachsenen erreichen (Fassnacht et al., 2016) und den seltenen aber potentiell lebensbedrohlichen Nebennierenkarzinomen (adrenocortical carcinoma, ACC), deren Inzidenz nur 0,5-2/1 Mio. Einwohner beträgt (Fassnacht et al., 2011), ist eine große Herausforderung. Die Unterscheidung ist von besonderer Relevanz, da eine Heilung nur beim lokal begrenzten Nebennierenkarzinom wahrscheinlich und die Prognose des fortgeschrittenen ACC außerordentlich ungünstig ist (medianes Überleben bei metastasierter Erkrankung ca. 12-15 Monate; (Fassnacht and Allolio, 2009). Zusätzlich sind die Therapieoptionen im fortgeschrittenen Stadium limitiert (Fassnacht et al., 2015; Fassnacht et al., 2012; Henning et al., 2017; Kroiss et al., 2012; Megerle et al., 2018). Bildgebende Verfahren allein, auf denen die aktuellen Diagnosealgorithmen basieren, liefern bisher keine zufriedenstellenden Ergebnisse, da ca. 30% der Tumoren nicht eindeutig zuzuordnen sind (Fassnacht et al., 2016).
Die massenspektrometrische Bestimmung von Steroidhormonen und Metaboliten könnte entscheidend dazu beitragen, die oben beschriebene diagnostische Lücke zu schließen. So konnte in einer retrospektiven Analyse von Sammelurinproben bei (N=147) Patienten mit Nebennierentumoren anhand von 32 Steroiden eine Unterscheidung zwischen gutartigen und bösartigen Tumoren mit einer Sensitivität und Spezifität von über 90% erreicht werden (Arlt et al., 2011). Diese Ergebnisse wurden inzwischen prospektiv bei einem Kollektiv von über 2000 Patienten bestätigt, zu dem auch unser Zentrum wesentlich beigetragen hat (Bancos I. et al., ECE2017, Lissabon, 20.-23.05.2017). Entsprechende fortschrittliche Technologie und spezialisiertes Know-How ist mit der Etablierung einer Zentraleinheit für klinische Massenspektrometrie auch am Universitätsklinikum Würzburg seit wenigen Jahren verfügbar, so dass die Ergebnisse dieser Forschungsarbeit rasch in die Entwicklung massenspektrometrischer Methoden für routinemäßige in vitro-Diagnostik translatiert werden können.
In der eigenen Arbeitsgruppe wurden diesbezüglich bereits vielversprechende Vorarbeiten mit Bestimmung verschiedener Steroide aus dem Serum durchgeführt (Schweitzer et al., DGE 2018, Bonn 14.-16.03.2018). Allerdings zeigte sich hier, dass die Bestimmung einzelner Steroide aus Serum alleine wohl keine ausreichende diagnostische Unterscheidung erreichen kann (siehe auch Abbildung. 3). Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass bei Nebennierentumoren die für den Gesunden typische Tagesrhythmik der Steroidsekretion aufgehoben ist und damit eine Integration über die Zeit durch Sammelurinuntersuchungen die Sensitivität und Spezifität deutlich erhöht.
In einem internationalen Kooperationsprojekt wurden darüber hinaus erste massenspektrometrische Untersuchungen zur direkten Analyse von Steroidmetaboliten begonnen. Besonders interessant sind die in bisherigen Analysen nicht direkt quantifizierten Steroidsulfate und -glucuronide. Die im Laufe der nächsten wenigen Monate erwarteten Ergebnisse werden in das hier beantragte Projekt unmittelbar einfließen (Kurlbaum et al., DGE 2018, Bonn 14.-16.03.2018).
Erwartete Ergebnisse
Wir erwarten von der Evaluation des Steroid-Metaboloms die Entwicklung einer Methode zur verlässlichen individuellen Einschätzung zur Frage des Vorliegens benigner versus maligner Raumforderungen der Nebennierenrinde bei zufällig entdeckten "Inzidentalomen" der Nebenniere ebenso wie bei der gezielten Tumor-Diagnostik.